Ein weiterer Bericht aus Lugala
Hallo ihr lieben,
heute sind wir mal ein wenig frueher aus dem Hospital gekommen und deswegen ergreife ich die Chance, einen Eintrag in unseren Blog zu schreiben. Uns geht es gut, auch wenn ich (Linda) gerade ein wenig erkaeltet bin. Leider sind die Naechte hier ziemlich kalt und da es hier keine gewoehnlichen Fenster gibt, sondern statt Glas nur ein Fliegengitter davor ist, habe ich mir einen Schnupfen eingefangen. Aber alles halb so schlimm!
Unser Wochenende war sehr schoen. Wir haben eine kleine Fahrradtour gemacht. Eigentlich wollten wir zu einem Fluss radeln, den haben wir aber leider nicht gefunden. Wie ihr euch vorstellen koennt, gibt es hier keine Karten oder Strassenschilder :) Aber es war dennoch sehr schoen, die Gegend etwas zu erkunden.
Danach waren wir noch bei einer Schneiderin, die hier im Dorf arbeitet und haben unsere schoenen gekauften Kitengwe (Stoffe) in Auftrag fuer Roecke, Kleider, Taschen und Hosen gegeben. Wir hoffen, sie bewaeltigt die Aufgaben bis zum Ende unseres Praktikums, denn die anderen Freiwilligen haben uns schon erzaehlt, dass auch sie "Pole, Pole" arbeitet. :)
Gestern sind wir dann endlich in das Guesthouse des Krankenhauses umgezogen. Jetzt leben wir sehr viel komfortabler, wir haben sogar einen Schrank und zwei Betten und auch das Bad besitzt mehr als 2 qudratmeter. Zusammen mit einem anderen Freiwilligen teilen wir uns ein Wohnzimmer.
In den Krankenhausalltag werden wir mehr und mehr einbezogen. Freddy und ich durften bei verschiedenen Personen eine Spinalanaesthesie durchfuehren und das mit Erfolg. Da haben wir uns natuerlich sehr gefreut. Gestern Abend durfte ich dann zum ersten Mal in meinem Leben bei einer Geburt helfen. Die Hebammen sind hier alle sehr lieb und zeigen einem wie es geht und was man zu tun hat und dann geht es auch schon los. Ein kleiner Junge wurde geboren und da die Mutter noch keinen Namen parat hatte, nannte sie ihn spontan Frederik (wahrscheinlich weil er die ganze Zeit neben ihr stand). Die anderen 4 Vornamen habe ich ihr aber nicht verraten! :) Der kleine Mann und seine Mami sind wohlauf. Leider ist das nicht immer der Fall, denn die Muettersterblichkeit ist hier mit 600/100.000 Frauen sehr hoch. Im Vergleich dazu liegt diese in Deutschland bei 2-3/100.000 Frauen. Dies liegt v.a. an einer unzureichenden nachgeburtlichen Ueberwachung.
Die Armut dieses Landes betrifft nicht nur den medizinischen Bereich, sondern ist alltaeglich ueberall sichtbar. Die Kleidung vieler Menschen stammt wahrscheinlich aus der Altkleidersammlung. Die Menschen sind oftmals ungebildet, da sie sich eine Schulausbildung geschweige denn eine Berufsausbildung einfach nicht leisten koennen. Hinzu kommt, dass die Frauen erst etwas "wert" sind, wenn sie mindestens 7 Kinder zur Welt gebracht haben, die dann die Altersvorsorge darstellen sollen. Dies verbessert natuerlich nicht die finanzielle Lage der Familie. Alles ist ein Teufelskreis, der uns dann in der Klinik sichtbar wird, wenn die Menschen in Spaetstadien ihrer Krankheit
arm und in desolatem Zustand erscheinen.
Trotzdem habe ich das Gefuehl, dass sie das Beste aus allem machen und dennoch gluecklich sind. Alle sind freundlich und empfangen uns mit offenen Armen. Vielleicht sollten wir Europaer uns etwas davon abschauen. In unserer oftmals hektischen und von materialistischen Werten bestimmten Welt wuerde uns ein wenig pole, pole und etwas mehr Gelassenheit und Frohsinn sicher gut tun.

Bis zum naechsten mal, Freddy und Linda




elusch am 13.Aug 15  |  Permalink
Grüße aus Torgau
Liebe Linda und lieber Freddy,
euer Bericht klingt wieder sehr interessant für uns. Da scheint ja Freddy einen sehr guten Eindruck hinterlassen zu haben, wenn das Baby gleich nach ihm benannt wird! :-) Dass ihr jetzt schon richtig mithelfen dürft ist sicher für euch sehr lehrreich und spannend.
Kaum zu glauben, dass ihr in Afrika nachts friert, hier in Sachsen herrschen seit 14 Tagen tropische Temperaturen und kein Regen ist in Sicht! Der Boden ist ausgetrocknet, die Elbe hat einen Extremniedrigstand und nachts kühlt es sich kaum ab.
Ohne Straßenschilder unterwegs zu sein, wäre für mich eine Katastrophe. Bei unserer Radtour entlang der Ostsee haben Vati und ich uns kurz "verloren" und mit meinem Orientierungssinn war es so schon schwierig, uns wiederzufinden!!!
Wie klappt es denn eigentlich mit der Verständigung der Patienten?
Wir freuen uns schon auf den nächsten Bericht.
Liebe Grüße
Vati und Mutti
P.S. Gestern hat Vati unsere Kartoffeln geerntet- eine wahre Pracht!

el-verano am 14.Aug 15  |  Permalink
Nicht unvorsichtig werden
Es ist schön zu hören, dass es euch bis auf die Erkältung von Linda gut geht. Die neue Übernachtungsmöglichkeit klingt nach einer deutlichen Verbesserung. Auch wenn man sich mit den neuen Lebensverhältnissen etwas angepasst hat, bleibt eine gewisse Achtsamkeit geboten. Die Tierwelt ist eine völlig andere. Etwaige Risiken werden ggf. nicht rechtzeitig erkannt, weil wir nicht daran gewöhnt sind. Ein Fluss in Tansania ist sicher anders als in Europa. Lustig finde ich die Geschichte um die Namensgebung. Ist doch toll, dass Freddy noch mit weiteren vier Namen aushelfen kann. Damit ist die Namensfindung bei den nächsten vier Geburten kein Problem mehr.

Bleibt gesund, wir bemühen uns nach Kräften. Ach ja, ich habe zu dem Wochenbericht auch noch einen Kommentar - wenn auch etwas verspätet - angehängt.

Liebe Grüße
Gerald und Ingrid