Mittwoch, 12. August 2015
Ein weiterer Bericht aus Lugala
Hallo ihr lieben,
heute sind wir mal ein wenig frueher aus dem Hospital gekommen und deswegen ergreife ich die Chance, einen Eintrag in unseren Blog zu schreiben. Uns geht es gut, auch wenn ich (Linda) gerade ein wenig erkaeltet bin. Leider sind die Naechte hier ziemlich kalt und da es hier keine gewoehnlichen Fenster gibt, sondern statt Glas nur ein Fliegengitter davor ist, habe ich mir einen Schnupfen eingefangen. Aber alles halb so schlimm!
Unser Wochenende war sehr schoen. Wir haben eine kleine Fahrradtour gemacht. Eigentlich wollten wir zu einem Fluss radeln, den haben wir aber leider nicht gefunden. Wie ihr euch vorstellen koennt, gibt es hier keine Karten oder Strassenschilder :) Aber es war dennoch sehr schoen, die Gegend etwas zu erkunden.
Danach waren wir noch bei einer Schneiderin, die hier im Dorf arbeitet und haben unsere schoenen gekauften Kitengwe (Stoffe) in Auftrag fuer Roecke, Kleider, Taschen und Hosen gegeben. Wir hoffen, sie bewaeltigt die Aufgaben bis zum Ende unseres Praktikums, denn die anderen Freiwilligen haben uns schon erzaehlt, dass auch sie "Pole, Pole" arbeitet. :)
Gestern sind wir dann endlich in das Guesthouse des Krankenhauses umgezogen. Jetzt leben wir sehr viel komfortabler, wir haben sogar einen Schrank und zwei Betten und auch das Bad besitzt mehr als 2 qudratmeter. Zusammen mit einem anderen Freiwilligen teilen wir uns ein Wohnzimmer.
In den Krankenhausalltag werden wir mehr und mehr einbezogen. Freddy und ich durften bei verschiedenen Personen eine Spinalanaesthesie durchfuehren und das mit Erfolg. Da haben wir uns natuerlich sehr gefreut. Gestern Abend durfte ich dann zum ersten Mal in meinem Leben bei einer Geburt helfen. Die Hebammen sind hier alle sehr lieb und zeigen einem wie es geht und was man zu tun hat und dann geht es auch schon los. Ein kleiner Junge wurde geboren und da die Mutter noch keinen Namen parat hatte, nannte sie ihn spontan Frederik (wahrscheinlich weil er die ganze Zeit neben ihr stand). Die anderen 4 Vornamen habe ich ihr aber nicht verraten! :) Der kleine Mann und seine Mami sind wohlauf. Leider ist das nicht immer der Fall, denn die Muettersterblichkeit ist hier mit 600/100.000 Frauen sehr hoch. Im Vergleich dazu liegt diese in Deutschland bei 2-3/100.000 Frauen. Dies liegt v.a. an einer unzureichenden nachgeburtlichen Ueberwachung.
Die Armut dieses Landes betrifft nicht nur den medizinischen Bereich, sondern ist alltaeglich ueberall sichtbar. Die Kleidung vieler Menschen stammt wahrscheinlich aus der Altkleidersammlung. Die Menschen sind oftmals ungebildet, da sie sich eine Schulausbildung geschweige denn eine Berufsausbildung einfach nicht leisten koennen. Hinzu kommt, dass die Frauen erst etwas "wert" sind, wenn sie mindestens 7 Kinder zur Welt gebracht haben, die dann die Altersvorsorge darstellen sollen. Dies verbessert natuerlich nicht die finanzielle Lage der Familie. Alles ist ein Teufelskreis, der uns dann in der Klinik sichtbar wird, wenn die Menschen in Spaetstadien ihrer Krankheit
arm und in desolatem Zustand erscheinen.
Trotzdem habe ich das Gefuehl, dass sie das Beste aus allem machen und dennoch gluecklich sind. Alle sind freundlich und empfangen uns mit offenen Armen. Vielleicht sollten wir Europaer uns etwas davon abschauen. In unserer oftmals hektischen und von materialistischen Werten bestimmten Welt wuerde uns ein wenig pole, pole und etwas mehr Gelassenheit und Frohsinn sicher gut tun.

Bis zum naechsten mal, Freddy und Linda



Samstag, 8. August 2015
Wochenbericht
Nun ist die erste Woche vergangen und wir gehen mit jeder Menge neuer Eindruecke und Erfahrungen in das Wochenende, welches wir auch dringend zur Verarbeitung des Erlebten benoetigen.
Am spaeten Mittwoch Abend kamen Felix und Moritz zu Besuch, die die lange Reise auf sich genommen haben und schliesslich auch ankamen. Dafuer gebuehrt ihnen unser Respekt, da der Weg hierher sicherlich alles andere, aber nicht einfach ist. Leider hatten wir nicht soviel voneinander, da Moritz krank war und Linda und ich bis nachmittags im Krankenhaus unterwegs waren. Die beiden haben ihre Reise gestern fortgesetzt und wir wuenschen ihnen wenigstens Gesundheit fuer den Rest ihres Trips.
Zu unseren Aufenhaltsbedingungen haben wir noch nicht soviel erzaehlt, sodass ich hiervon mehr berichten moechte. Derzeit wohnen wir noch in einem Gaestehaus, welches etwa 500 Meter vom Krankenhaus entfernt ist. Wir quetschen uns zu zweit in ein Zimmer einer Groesse von etwa 10 qm. Licht und fliessendes Wasser gibt es nur zeitweise, meistens jedoch nicht, wenn man es gerade braucht. Anstelle einer komfortablen Sitztoilette findet man im Bad nur ein kleines Loch. Jeden morgen weckt/ wecken uns ein bzw. mehrere kraehende Haehne. Huehner laufen hier ohnehin ueberall herum, ebenso wie herumstreunende Katzen und Hunde.
Das Essen schmeckt uns beiden gut und ist bisher ueberraschend abwechslungsreich. Von Reis mit roten Bohnen, Huehnchen mit Reis, Spaghetti in einer Sosse mit Auberginen, ueber Fisch, Pilau und Chipsi mayai war bisher alles dabei. Chipsi mayai sind in sprudelndem Fett gebratene Kartoffelecken (Chipsi = Pommes) in Kombination mit Eiern, in welche die Kartoffelecken eingebacken sind. Dazu wird haeufig Ketchup oder eine Art Tomatensosse angeboten.

Das Wochenende haben wir bisher mit Haushaltstaetigkeiten verbracht. Nach dem Fruehstueck haben wir den Berg von Schmutzwaesche bearbeitet, der sich bis jetzt angesammelt hatte. Waesche waschen bedeutet hier vor allem koerperliche Arbeit, da alles von Hand erledigt werden muss. Voellig frustriert haben wir festgestellt, dass sich Staub und Dreck auch mit groesster Muehe nicht von weisser Kleidung entfernen lassen. Dies scheint hier, angesichts ganz anderer und groesserer Probleme, auch nicht wichtig zu sein.
Am Nachmittag waren wir fuer einen Einkauf in Malinyi auf dem Markt und haben zumindest alles mitgenommen, was man hier kriegt (dies ist nicht all zuviel).
Morgen wollen wir erst dem vierstuendigen Gottesdienst beiwohnen, nachmittags eine Radtour machen und abends hat uns Peter zum Essen eingeladen. Damit ist unser Wochenende weitgehend verplant.
Insgesamt geht es uns nach wie vor gut, wir sind beide gesund und fit.
Viele Gruesse Linda und Freddy



Dienstag, 4. August 2015
Die ersten 2 Tage im Krankenhaus
Mambo! Gestern ging es nun endlich los. Der Tag beginnt fuer gewoehnlich mit dem Morgen meeting, einer Zusammenkunft aller Aerzte, der Ober/schwester und Pfleger. Es wird ueber die letzten 24 Stunden berichtet, ueber Neuankuenfte, Geburten, Todesfaelle und andere Besonderheiten. Danach ging es am Montag auf Chefvisite, Dr. Peter und die anderen Arzte nahmen sich viel Zeit fuer die Patienten und Angehoerigen und so dauerte der ganze Rundgang fast 3 Stunden (im Vergleich in Deutschland wird das auch mal schnell in 20-30 min gemacht) aber ihr wisst ja bereits "Pole,Pole" =) Zuerst visitierten wir die Frauen und Kinder, fast alle an Malaria, Meningitis oder einer Pneumonie erkrankt, udn spaeter die Maenner. Die Muetter betreuen waehrend der ganzen Zeit ihre Kinder und versorgen sie mit Essen und der noetigen Hygiene. Dies liegt in Afrika nicht in der Verantwortung der Pfelgekraefte. Zu 8 liegen die Patienten in einem Zimmer und ich glaube jeder Deutsche haette Angst sich in so ein Bett zu legen aus Angst vor einer Superinfektion. Man kann es einfach nicht beschoenigen, die Zimmer sehen aus wie aus einem Museum oder direkt aus den 50-Jahren geholt. Man mag es kaum glauben, dass die Menschen trotzdem in diesen Zimmern mit verschlissenen Matratzen, (leicht) dreckigen Waenden und insgesamt schlechten Bedingungen (kein Wasser im Zimmer)genesen!
Aber wie Dr. Peter sagt, man muss die Ressourcen nutzen die da sind und das beste daraus machen.
Peter ist wirklich ein wandelndes Lexikon und erklaert uns den ganzen Tag geduldig alle Krankheiten inklusive Terminolgie (die er wirklich liebt! Jedes Wort wird aus dem lateinischen oder griechischen uebersetzt und in seiner bedeutung erklaert), Diagnosestellung, Medikamentengabe etc. pp.
Nach einem Tag qualmen einem ganz schoen die Ohren von so viel kompetentem Wissen. Aber mit viel Witz und Charme hoert man sich das gern an udn lernt wirklich eine Menge. ;)
Nach der Visite begaben wir uns ins "theatre", einem kleinen Op-Trakt inklusive Ambulanz. Dort werden dienstags und donnerstags geplante Operationen und ansonsten kleine Eingriffe durchgefuehrt. Auch hier finden sich Geraetschaften, die eher Museumscharakter haben, als das man denkt, sie koennten wirklich noch funktionieren. Doch auch das klappt erstaunlich gut. Auch sind wirklich alle nett zu uns und als "Mzungu" (Weisse, wie wir hier oft gerufen werden) einen kleinen Vorteil haben.
Interssant ist auch WANN die Menschen hier zum Arzt gehen. In Deutschland wuerde wahrscheinlich jeder wenn er einen Husten hat, der nach 2 Wochen immer noch nicht weg ist zum Arzt gehen, hier geht man oft erst nach ein paar Jahren (wenn man es denn bezahlen kann) So sehen wir hier ziemlich spektakulaere Klinikfaelle, die wir so wahrscheilich zu hause nicht sehen wuerden. Das ist dann leider oftmals sehr traurig da einfach nichts mehr fuer die Patienten getan werden kann! So ging es uns schon sehr nah, als gestern ein kleines Baby an einer eitrigen Meningitis verstarb. Doch man sollte einen Patienten nie fragen warum er jetzt erst ins Krankenhaus kommt, er wird seine Gruende dafuer haben.
Nichtsdestotrotz wir leben uns hier gut ein und es macht viel Freude am Krankenhausleben teilzunehmen und hoffentlich bald auch etwas produktives dazu beizutragen.
In diesem Sinne, badai (bis Bald) ! eure zwei Abenteurerer Freddy und Linda